Grundwissen Graffiti: Was sind Zinken?

Grundwissen Graffiti: Was sind Zinken? 

Viele denken automatisch an Bilder auf Hauswänden oder Zügen, die bunt sind und meist aus Buchstaben bestehen, wenn von Graffiti die Rede ist.

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Doch Graffiti ist nicht gleich Graffiti, denn Graffiti gibt es in vielen verschiedenen Formen. So wird unter anderem zwischen dem Style-Writing, dem Scratching, dem Etching, Stenil oder der Streetart unterschieden. 

Außerdem gibt es da noch die Zinken. Dies ist eine traditionelle Form von Graffiti, die allerdings weniger als Kunst gedacht ist, sondern vielmehr der Verständigung untereinander dient. 

Grundwissen Graffiti: Was sind Zinken?

Bei Zinken handelt es sich um Geheimzeichen. Sie wurden in erster Linie von Landstreichern, Gaunern und anderen Nichtsesshaften, also allgemein dem fahrenden Volk, verwendet. Zinken dienten einerseits der Kommunikation und informierten über die Gegebenheiten vor Ort, aber auch über die Pläne und Absichten. Andererseits waren sie ein Erkennungszeichen, das die Identität der eigenen Gruppe betonte und eine klare Abgrenzung zu den Sesshaften ausdrückte.

Zinken wurden üblicherweise an öffentlichen Orten hinterlassen und konnten als Geheimsprache meist nur von denjenigen richtig gedeutet werden, die zu der jeweiligen Gruppe gehörten. In Deutschland tauchten die ersten Zinken etwa im 12. und 13. Jahrhundert auf.

Die Bezeichnung Zinken selbst wird jedoch erst seit dem 18. Jahrhundert verwendet. So wurde etwa das Zeichen geben als Zinken stechen bezeichnet, abzinken bedeutete soviel wie kennzeichnen, ein Zinkenplatz war ein Treffpunkt von Dieben und wenn jemand abgezinkt worden war, dann war er erkannt oder erwischt worden.  

Grundwissen Graffiti: Welche Funktion hatten Zinken?

Zinken wurden von einer Bevölkerungsgruppe verwendet, der stets mit Misstrauen begegnet wurde. Zu dieser Gruppe wurden kleinere Gauner und Verbrecher, Bettler und Hausierer, Landstreicher, Kesselflicker und andere, die fahrend durch die Lande zogen, gezählt.

Mit der Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft im späten 18. Jahrhundert gehörten sie der Schicht an, die standloser Stand genannt wurde. Da dieser Stand unter ständiger skeptischer Beobachtung stand, waren die Standesangehörigen gezwungen, eine Geheimsprache zu entwickeln und sich auf diese Weise zu verständigen, um ihre Pläne umsetzen und ihre Ziele erreichen zu können. Die Zinken wurden entweder mit Kreide, Kohle oder Rötel gemalt oder in den Untergrund eingeritzt.

Damit sie möglichst viele Adressaten erreichten, wurden sie an Orten hinterlassen, die oft und regelmäßig aufgesucht wurden. Hierzu gehörten beispielsweise Toiletten in Wirtshäusern, Bahnhöfe, Ein- und Ausgänge von Orten oder Mauern von Kirchen, Klostern und anderen wichtigen Gebäuden.

Je nach Form und Inhalt ließen sich dabei verschiedene Arten
von Zinken voneinander unterscheiden:

·         Mitteilungszinken enthielten Informationen für die Nachfolgenden. So gaben sie beispielsweise Auskunft darüber, wo im Ort kostenlose Schlafplätze zur Verfügung standen und wo Mahlzeiten zu bekommen waren. Den größten Anteil an den Mitteilungszinken hatten die Gaunerzinken. Verbrecher hielten sich auf diese Weise über Verhaftungen, Geständnisse, Verrat und Flucht auf dem Laufenden, berichteten über geplante Verbrechen, warben Komplizen an oder wiesen auf gute und weniger gute Lokalitäten für Gaunereien hin.

Eine weitere Untergruppe der Mitteilungszinken waren die Bettlerzinken. Bettler verwendeten diese Geheimzeichen, um ihnen nachfolgende Bettler darauf hinzuweisen, ob etwa der Auftritt besser zurückhaltend und fromm oder eher zudringlich erfolgen sollte, von wem das jeweilige Haus bewohnt wurde oder ob eine Gabe nur gegen eine Gegenleistung gewährt wurde. 

·         Erkennungszinken gaben Auskunft über eine Person oder eine Familie. Sie waren oft wie Wappen aufgebaut und zeigten Tiere, geometrische Figuren, Schmuckelemente und ähnliche Symbole. Manchmal fanden sich Erkennungszinken auch auf Siegelringen wieder, die dann von den Mitgliedern der jeweiligen Familie getragen wurden.

Für denjenigen, zu dem das Zeichen gehörte, war ein Erkennungszinken von großer Bedeutung. Deshalb wurde es als massive Kränkung empfunden und schwer bestraft, wenn ein anderer einen Erkennungszinken fälschte oder kopierte.

·         Wegweiserzinken wurden in erster Linie an Bäumen, auf dem Boden oder auf Steinen an Weggabelungen hinterlassen. Sie bestanden aus einem Pfeil, der die Richtung angab, und dem Datum der Abreise. Hinzu kamen lange und kurze Striche für Männer und Frauen sowie Kreise und andere Symbole für Kinder und Tiere. Zusammen mit dem Erkennungszinken konnten die Nachfolgenden genau ablesen, wer wann mit wem wohin unterwegs war.  

Grundwissen Graffiti: Werden Zinken auch heute noch verwendet?

Die Tradition der Zinken ist bis heute erhalten geblieben. So verwenden etwa Gangs nach wie vor bestimmte Kennzeichen, die sie an prominenten Stellen hinterlassen, um so ihr Revier zu kennzeichnen. Zudem haben die meisten Sprayer ihr bestimmtes Symbol, durch das sie ihre Arbeiten kennzeichnen. Im traditionellen Sinne wurden zuletzt Anfang 2014 in Nord- und Westdeutschland Gaunerzinken entdeckt, die mit geplanten Wohnungseinbrüchen und Bettelei in Verbindung gebracht werden.

Außerdem hat sich mit dem sogenannten WarChalking eine weitere, moderne Form von Zinken entwickelt. Beim WarChalking geht es darum, kenntlich zu machen, wo offene oder öffentlich zugängliche WLans zur Verfügung stehen.

Dafür werden bestimmte Zeichen, manchmal auch mit SSID und WEP-Kennwort, auf Häuserwände, Laternenpfähle oder das Straßenpflaster gezeichnet. Eingeweihte wissen dadurch, wo sie kostenlos im Internet surfen können. Die Zeichen werden mit Farbe oder Kreide hinterlassen. Von der Kreide, die auf englisch chalk heißt, leitet sich auch der Name für diese moderne Version von Zinken ab.

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Ein Gedanke zu „Grundwissen Graffiti: Was sind Zinken?“

  1. Komisch, hatte bisher immer nur von „Tags“ gehört, ist es ein und dasselbe?
    Wie dem auch sei, aus dem Alter bin ich (zum Glück unbeschadet) raus, auch wenn mir die ein oder andere Wand jetzt im Nachhinein dann doch etwas leidtut… 😀

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