Die Geschichte und Bedeutung der Graffiti-Kunst, Teil II
Die Graffiti-Kunst begann als eine Form von Straßenkunst in US-amerikanischen Großstädten der 1970er-Jahre. Damals waren es vor allem Einwanderer mit afrikanischen und lateinamerikanischen Wurzeln, die auf diese Weise ihre Kultur zum Ausdruck brachten, aber auch auf Missstände hinwiesen. Inzwischen hat sich die Graffiti-Kunst zu einer weltweit anerkannten Kunstform und einem wichtigen Bestandteil der modernen Kunst entwickelt.
In einem zweiteiligen Beitrag schauen wir uns die Geschichte und die Bedeutung der Graffiti-Kunst einmal genauer an. Dabei haben wir in Teil I die Entstehung der Kunstform beleuchtet.
Hier ist Teil II!:
Inhalt
Graffiti-Kunst in verschiedenen Formen
Graffiti-Kunstwerke finden sich vor allem in Städten. Dabei hat jede Stadt ihre eigene Kultur, die sich ein Stück weit auch in der Machart der Graffiti widerspiegelt.
Von kleinen Tags an Gebäuden bis hin zu riesigen Wandmalereien können die gesprühten Kunstwerke in den verschiedensten Varianten auftauchen.
Zu den ältesten Formen der Graffiti-Kunst gehört das Schreiben von Tags. Tags sind kleine, eher einfache Bilder, die meist aus einem Namen oder einem Logo bestehen. Sie finden sich vor allem an Wänden, auf Zugwaggons, an Bushaltestellen und an anderen öffentlichen Orten.
Bis heute gehören Tags zu den am weitesten verbreiteten Formen der Graffiti-Kunst im urbanen Raum.
Eine andere beliebte Variante sind Wandmalereien. Sie sind nicht nur größer als Tags, sondern auch deutlich komplexer. Üblicherweise bestehen sie aus verschiedenen Farben, die Motive sind bis ins Detail ausgearbeitet.
Je nach Künstler:in sind die unterschiedlichsten Stile möglich. Die Palette reicht von fotorealistischen Porträts über surreale Designs bis hin zu abstrakten Motiven.
Eine weitere sehr interessante Form sind Street-Art-Mosaike. Dabei handelt es sich um Kombinationen aus kleinen Bruchstücken, die sich zu einem einzigartigen Kunstwerk zusammenfügen. Solche Arbeiten finden sich hauptsächlich auf Gehwegen und an öffentlichen Plätzen.
Das gebräuchlichste Material für Graffiti sind Sprühfarben aus der Dose. Aber auch Marker, Farben und Pinsel oder innovative Techniken wie Feuerlöscher, die mit Farbe befüllt sind, sind weit verbreitet.
Andererseits ist Street-Art keineswegs auf Sprühfarben, Marker und andere Farbsorten beschränkt. Künstler:innen können die verschiedensten Materialien und Medien für ihre Arbeiten nutzen, angefangen bei Schablonen, Postern und Aufklebern über Textilien bis hin zu LED-Leuchten und Videoprojektionen.
Zu den neueren Phänomenen wiederum zählen Moos-Graffiti und das sogenannte Yarnbombing, bei dem verschiedenste Objekte im öffentlichen Raum in bunte, gestrickte oder gehäkelte Objekte eingehüllt werden.
Prägende Vertreter der Graffiti-Kunst
Wie in jeder Kunstrichtung gibt es auch in der Graffiti-Kunst viele große Namen, die die Szene nachhaltig geprägt haben. Sie alle aufzuführen, würde den Rahmen sprengen. Deshalb belassen wir es exemplarisch bei einigen der einflussreichsten Street-Art-Künstler:innen.
Bansky
Bansky wurde in den 1990er-Jahren bekannt, als er in seiner Heimatstadt Bristol Wände und Züge mit bunten Kunstwerken verzierte. Inzwischen hat er internationalen Ruhm erlangt, obwohl seine Identität nach wie vor geheim ist.
Der Künstler bringt weltweit Gemälde mit kontroversen, oft staatskritischen Botschaften auf die Straßen.
Ein bis dahin einzigartiger Coup in der Kunstgeschichte gelang ihm, als sich sein Gemälde „Girl with Balloon“ plötzlich selbst zerstörte, nachdem es bei einer Auktion für über eine Million Dollar verkauft worden war.
Keith Haring
Keith Haring trug in den 1980er-Jahren maßgeblich zum Aufstieg der New Yorker Straßenkunstszene bei. Möglich wurde das, weil er Gemälde und Zeichnungen schuf, die von Graffiti inspiriert waren. Auf diese Weise hob er die Grenzen zwischen einfacher Straßenkultur und hoher Kunst auf.
Der Künstler nutzte den kreativen Boom der Stadt für sich, indem er seine eigene Symbolsprache fand, um sich durch seine Gemälde zu Themen wie Drogensucht, Sexualität, Krieg oder Macht zu äußern.
Erste Bekanntheit erlangte er durch seine comicähnlichen Zeichnungen an U-Bahn-Haltestellen. Dabei handelte es sich um temporäre Arbeiten, für die der Künstler leere Werbeplakate mit Kreide bemalte.
Jean-Michel Basquiat
Als Sohn einer Einwandererfamilie mit einer Mutter aus Puerto Rico und einem Vater aus Haiti begann das künstlerische Schaffen von Jean-Michel Basquiat wie bei vielen seiner Zeitgenossen auf den New Yorker Straßen.
Er studierte Kunstgeschichte und fing parallel dazu damit an, auf Papier und Leinwand zu malen.
Irgendwann lernte der Künstler sein Idol Andy Warhol kennen. Die beiden arbeiteten zusammen und freundeten sich an. Gleichzeitig trugt Warhol wesentlich dazu bei, dass Basquiat Anerkennung fand und sich in der Kunstszene etablieren konnte.
Doch Basquiat hatte mit dem plötzlichen Ruhm und dem Leistungsdruck schwer zu kämpfen, was schließlich dazu führte, dass er im Alter von nur 27 Jahren an einer Überdosis Heroin starb.
Sein früher Tod ließ seinen Erfolg noch einmal sprunghaft ansteigen. Heute gilt Jean-Michel Basquiat als einer der wichtigen Vertreter der modernen afroamerikanischen Kunst.
CornBread
CornBread alias Darryl McCray zählt zu den weltweit ersten Graffiti-Künstlern und -Autoren. In den 1960er-Jahren begann er mit Graffiti und stellte diese Kunstform dabei in einen zeitgenössischen Kontext.
Der Künstler aus Philadelphia gilt als eine wahre Graffiti-Ikone. Dabei beeindruckt er nicht nur mit seiner Kunst, sondern tritt auch als öffentlicher Redner auf und setzt sich für die junge Generation ein.
Shepard Fairey
Der zeitgenössische Street-Art-Künstler Shepard Fairey ist Gründer der Bekleidungsmarke OBEY, die ihre Wurzeln in der Skateboard-Szene hat.
Neben seinen Schablonenarbeiten ist der Künstler auch für grafische Illustrationen bekannt. Er entwarf im Jahr 2008 das Logo und das „Hope“-Poster im erfolgreichen Wahlkampf des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama.
Lady Pink
Die Malerin und Graffiti-Künstlerin Lady Pink machte erstmals in den späten 1970er-Jahren durch ihre U-Bahn-Gemälde von sich reden. Im darauffolgenden Jahrzehnt wurde sie zu einer Kultfigur in der HipHop- und Graffiti-Szene New Yorks.
Die ecuadorianisch-amerikanische Künstlerin nutzte Graffiti im Verlauf ihrer ganzen Karriere, um Frauen zu stärken.
Sie entwickelte sich stetig weiter und hinterließ monumentale Kunstwerke in der ganzen Stadt. Außerdem gab sie ihr Wissen regelmäßig in Wall-Art-Workshops weiter.
Die gesellschaftliche Bedeutung der Graffiti-Kunst
Die Graffiti-Kunst ist in vielen Teilen der Welt vertreten und hat damals wie heute eine hohe Bedeutung in der Gesellschaft. So wird diese Kunstform oft eingesetzt, um einem Thema eine Bühne zu geben, das viele Menschen betrifft.
Graffiti können politische Botschaften vermitteln, soziale Ungerechtigkeiten anprangern, für gesellschaftliche Missstände sensibilisieren und andere Statements setzen.
Graffiti-Kunst kann ein Protest sein und Rebellion ausdrücken. Genauso kann sie aber auch verbinden, die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft symbolisieren und dafür einstehen, dass bestimmte Werte und Traditionen einer Gruppe erhalten bleiben.
Und nicht zuletzt kann Graffiti-Kunst ein Ausdruck für Kreativität, Einzigartigkeit und Freiheit sein.
Das Besondere dabei ist, dass sich die Graffiti-Kunst hauptsächlich im öffentlichen Raum präsentiert. Dadurch erreicht sie ein breites Publikum und wird auch für diejenigen zugänglich, die Museen, Galerien und andere Kunstausstellungen nicht besuchen können oder wollen.
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Thema: Die Geschichte und Bedeutung der Graffiti-Kunst, Teil II
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