Die Stimme als Instrument im HipHop
Direkt nach der Geburt nutzt ein Neugeborenes reflexartig seine Stimme, um seinen ersten Schrei zu erzeugen. Später lernt der Mensch, seine Stimme gezielt einzusetzen, um sich auszudrücken, sich mitzuteilen und mit anderen zu kommunizieren. Die Stimme verfügt über ein riesiges Repertoire an verschiedenen Tönen, Geräuschen, Lauten und Klängen.
Da der Mensch seine Stimme ständig und automatisch benutzt, wird einem dies aber oft erst dann bewusst, wenn die Stimme ganz gezielt eingesetzt wird. Dies ist beispielsweise beim Singen der Fall. Egal ob ein melodischer Refrain gesungen oder ein Songtext gerappt werden soll:
Die Stimme ist das Werkzeug, das den Song entscheidend prägt und zu den Zuhörern transportiert. Grund genug, sich einmal näher mit der Stimme als solches und als Instrument zu beschäftigen.
Das Entstehen der Stimme
Eigentlich ist die Stimme selbst gar nicht vorhanden. Sie ist also kein Organ oder etwas in der Art. Stattdessen entsteht die Stimme dann, wenn durch das Zusammenspiel von mehreren Muskeln und Körperteilen Töne erzeugt werden. Eine Schlüsselrolle dabei spielt die Atmung. Damit ein Ton erzeugt werden kann, muss zunächst Luft eingeatmet und anschließend mit Druck wieder ausgeatmet werden. Die ausgeatmete Luft strömt dabei am Kehlkopf vorbei und trifft dort auf die Stimmlippen. Durch den Druck beim Ausatmen öffnen sich die Stimmlippen. Während der Luftstrom dann die enge Luftröhre passiert, bildet sich an den Stimmlippen ein Unterdruck. Dadurch ziehen sich die Stimmlippen wieder zusammen.
Das Ergebnis von diesem Wechsel zwischen geöffneten und geschlossenen Stimmlippen ist ein Ton. Dieser Ton wird auch als Primärton oder Kehlkopfklang bezeichnet. Der Kehlkopfklang ist allerdings weniger ein Ton im klassischen Sinne, sondern eher ein Geräusch. Damit er sich zu einem hörbaren Ton entwickeln kann, braucht er eine Art Lautsprecher.
Diese Funktion übernehmen in erster Linie die Mundhöhle, der Rachenraum und die Nasenhöhlen. Damit wird auch klar, warum sich eine Stimme anders anhört, wenn jemand erkältet ist. Wird die Stimme sehr laut eingesetzt, beispielsweise beim Schreien oder sehr lauten Singen, springt der ganze Körper als Lautsprecher ein.
Der Klang der Stimme
Für die Klangfarbe einer Stimme sind verschiedene Faktoren verantwortlich. So wird die Klangfarbe von der Anatomie der Mund- und Nebenhöhlen oder des Rachenraums genauso beeinflusst wie von der Stellung der Zähne, der Größe der Zunge und der Form der Lippen.
Die Beschaffenheit vom Kehlkopf und von den Stimmlippen wiederum entscheidet darüber, wie hoch oder tief eine Stimme ist. Dabei gilt, dass die Stimme umso tiefer ist, je länger und breiter die Stimmlippen sind. Wie unterschiedlich die Klangfarben von Stimmen sind, lässt sich ganz einfach nachvollziehen: Wenn zwei Personen einen Song vortragen, wird sich das Musikstück unterschiedlich anhören, obwohl beide eigentlich die gleichen Töne singen.
Nun hat aber nicht nur jeder Mensch seine ganz persönliche Klangfarbe, sondern auch die eigene Stimme verändert sich ständig. So lassen sich die Stimmung und die Verfassung an der Stimme ablesen. Ist jemand beispielsweise müde oder traurig, spricht er leiser, langsamer und tiefer. Dies liegt daran, dass der Körper schlaffer ist und damit auch den Stimmlippen die Spannung fehlt.
Folglich sind die Spannkraft und das Tempo beim Schließen reduziert und im Ergebnis entsteht die tiefere und müdere Stimme. Ist jemand hingegen gutgelaunt und voller Energie, sind seine Muskeln angespannt und er atmet tiefer und druckvoller. Da sich so auch der Druck auf die Stimmlippen erhöht und sie sich dadurch schneller öffnen und schließen, klingt die Stimme höher, lauter und präsenter.
Die Stimme als Instrument (im HipHop)
Für die Funktionsweise der Stimme spielt es im Prinzip keine Rolle, ob jemand spricht oder singt. Der Unterschied besteht zunächst nur darin, dass die Töne beim Singen bewusster erzeugt und länger gehalten werden. Allerdings kommt beim Singen zwei weiteren Körperteilen eine bedeutsame Rolle zu, nämlich den Lungen und dem Zwerchfell.
Durch die richtige Atemtechnik wird es möglich, den Druck beim Atmen so zu steuern, dass die Stimme ihren vollen Klang entfalten kann. Atmet ein Sänger normal und nur in den Brustkorb ein, füllt sich der obere Teil seiner Lungenflügel. Dadurch bläht sich der Brustkorb auf und schnürt den unteren Lungenteil ab. Das Ergebnis ist ein Ton, der gepresst und angespannt klingt. Ein Sänger atmet deshalb in den Bauch.
Dadurch drückt erst die Bauchmuskulatur das Zwerchfell und dann das Zwerchfell die Lunge nach unten. So bleibt der Brustkorb locker und die Luft kann sich gleichmäßig in der gesamten Lunge verteilen. Je besser ein Sänger das Atmen in den Bauch beherrscht, desto mehr Kontrolle hat er über seine Muskulatur und desto besser kann er auch seine Stimme kontrollieren.
Seine Stimme ist dann sein Instrument, während sein ganzer Körper zum Resonanzkörper des Instruments wird. Das Ziel ist erreicht, wenn der Sänger die gesamte Energie des Luftstroms beim Atmen in Klangenergie umwandeln kann.
Ob dies gelingt, lässt sich ganz einfach ausprobieren:
Wenn Sänger singt und sich dabei eine Kerze vor den Mund hält, darf die Flamme der Kerze nicht flackern. Gerade im HipHop ist die Stimme ein sehr wichtiges Instrument, denn HipHop-Songs leben nicht nur von den Beats und den Melodien, sondern auch und vor allem von den Texten.
Die Stimme ist das Instrument, das diese Texte transportiert. Gleichzeitig steht ein HipHop-Künstler üblicherweise nicht still auf der Bühne. Um trotz der Bewegungen eine stabile, laute und klare Stimme zu behalten, kann es sich also durchaus lohnen, an der Atemtechnik zu feilen.
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